Flussgeschichte der Aare
Ein erster Vorläufer der Aare entstand etwa zeitgleich mit den Alpen, vor rund 30 Millionen Jahren. Aus dem zunächst kleinen Flusssystem entwickelte sich schliesslich die Ur-Aare, welche das Gebirge je nach Zeitraum Richtung Osten oder Westen entwässerte. Auf diese Weise erreichte das Aarewasser im Laufe der Jahrmillionen vier verschiedene Meere. Während des Eiszeitalters, das vor 2,6 Millionen Jahren begann, erlangte das Flussnetz seine gegenwärtige Form.
Zusammenfassung der Flussgeschichte
Einstieg ins Thema
Die Aare
Die Aare ist ein 288 Kilometer langer Fluss in der Schweiz. Sie entspringt dem Unteraargletscher in den östlichen Berner Alpen und durchquert nacheinander die Kantone Bern, Solothurn und Aargau. Mit ihrem Einzugsgebiet, das von den Zentralalpen bis in den Jura reicht, entwässert sie rund 43% der schweizerischen Landesfläche. Die Aare ist zudem der viertlängste, jedoch mit Abstand wasserreichste Nebenfluss des Rheins.
Wie sich Flussnetze verändern
Im Laufe der Jahrmillionen änderte die Aare mehrfach ihre Richtung und suchte sich auch mit Flüssen einen Weg, die heute ausserhalb ihres Einzugsgebiets liegen. Grund dafür sind in erster Linie zwei Phänomene, die im Folgenden erklärt werden:
Rückschreitende Erosion
Hier kann man sich als Extrembeispiel einen Wasserfall vorstellen, der fortlaufend seine Fallkante abträgt und dadurch flussaufwärts wandert. Rückschreitende Erosion wirkt aber auch an scheinbar flachen, vom Auge nicht erkennbaren Stellen.
Flussanzapfungen
Durch rückschreitende Erosion können sich Flüsse über ihre Quellen hinaus in das Einzugsgebiet eines benachbarten Flusses einschneiden und dessen Wasser zu sich umlenken. Solche Flussanzapfungen spielten bei der Entwicklungsgeschichte der Aare eine wichtige Rolle.
Eine neue Welt
Die Flussgeschichte der Aare spielte sich innerhalb der Erdneuzeit ab, welche vor rund 66 Millionen Jahren begann und bis heute andauert. In diesem Zeitalter begann sich die Erde stark dem heutigen Zustand anzunähern, insbesondere was die Entwicklung von Tieren und Pflanzen betrifft. Auch die Grundzüge der Kontinente ähnelten bereits der heutigen Form.
In der Kreidezeit bilden Dinosaurier und andere Reptilien an Land wie auch zu Wasser die dominierende Fauna. Säugetiere kommen erst in wenigen und kleinen Arten vor. Die kreidezeitliche Flora ist zunächst von Farnen und Nacktsamern wie Nadelbäumen und Ginkgos, später zunehmend auch von bedecktsamigen (modernen) Blütenpflanzen geprägt.
Vor 66 Millionen Jahren fallen mindestens 60% aller Arten einem globalen Massensterben zum Opfer. Das Ereignis steht im Zusammenhang mit dem Einschlag eines bis 15 Kilometer grossen Asteroiden sowie zeitgleich stattfindenden vulkanischen Aktivitäten. Auf die Katastrophen folgt ein weltweiter Faunenwechsel zugunsten der Säugetiere und Vögel, die in der Folgezeit immer neue Arten und Formen hervorbringen.
Vor 34 Millionen Jahren: Im Pflanzenreich existieren bereits viele der heutigen Blütenpflanzen. Gräser erlangen erstmals eine flächendeckende Verbreitung. In Europa zieht sich das Tethysmeer aus dem zukünftigen Alpenraum zurück. Grund dafür ist die seit längerem andauernde Plattenkollision zwischen Afrika und Europa.
Vor 30 Millionen Jahren: Beginnende Hebung der Alpen. Erste Ur-Alpenflüsse finden ihren Weg ins Molassebecken. Nordöstlich des heutigen Thunersees lagert der sogenannte Honegg-Napf-Fluss die ältesten Spuren des Aaresystems ab.
Die Ur-Aare
Im Laufe der Jahrmillionen war die Aare in Gegenden unterwegs, die weit abseits ihres heutigen Laufs lagen. Es stellt sich also die Frage, wieso hier von der Ur-Aare und nicht von einem (beliebigen) Vorläufer die Rede ist? Als Grund dafür kann das Berner Oberland genannt werden, das ein beständiges Kerngebiet der Flussgeschichte bildet. In dieser Region blieb das Flusssystem immer aktiv, auch wenn es sich andernorts veränderte. Es besteht also eine tatsächliche und nicht bloss symbolische Verbindung zwischen der heutigen Aare und ihren Vorläuferinnen.
Entwicklung des Flussnetzes: Ab etwa 30 Millionen Jahren entwässerten erste Ur-Flüsse die entstehenden Alpen ins Molassebecken. In den folgenden Jahrmillionen schnitten sich die Flüsse rückwärts ins Gebirge ein, wodurch sie ihre Einzugsgebiete Richtung Süden erweiterten. Manche Flusssysteme wuchsen auch seitwärts, indem sie benachbarte Flusstäler anschnitten und deren Wasser zu sich umlenkten (siehe Flussanzapfung). ³
Klima und Landschaft: Im Oligozän war das Klima trockener und kühler als im vorausgegangenen Eozän. Anstelle von Dschungeln breiteten sich vermehrt Steppen und Savannen aus. In den offenen Lebensräumen erlangten Gräser erstmals eine flächendeckende Verbreitung, wodurch die Entwicklung neuer Herdentiere begünstigt wurde. Gegen Ende des Oligozäns gab es wieder warm-gemässigte bis subtropische Lebensräume wie im Bild oben dargestellt. ⁴
Literatur: ¹: Schlunegger et al. (1998), 208. Fig. 7 (A & B). ²: Berger et al. (2005), 701. Fig. 7. ³: Schlunegger et al. (1998). 202-203. ⁴: Furrer et al. (2003). 29, 31-32.
Entwicklung des Flussnetzes: Durch Flussanzapfungen konnten sich in den Zentralalpen drei grosse Entwässerungsadern entwickeln: Die Ur-Aare, der Rigi-Höhronen-Fluss und der Ur-Alpenrhein. Die Quellgebiete der Ur-Aare reichten damals vom Südwallis und dem Simplongebiet bis ins Tessin und das Engadin. ³ ⁴
Klima und Landschaft: Im Miozän, das vor 23 Millionen Jahren begann, herrschte ein subtropisch-warmes Klima mit trockenen und feuchten Phasen vor. Im Alpenvorland wurde die Landschaft von riesigen Schuttfächern und Schwemmebenen der Flüsse geprägt sowie von Sümpfen und Stillgewässern. Im warmen Klima gediehen auch nördlich der der Alpen exotische Pflanzen wie Avocado, Zimtbaum und Palmen. ⁵
Archiv der Urzeit
Im Miozän transportierten die Flüsse Unmengen von Sand ins Alpenvorland, der sich im Laufe der Jahrmillionen zu Sandstein verfestigte. Die roten Mergel der Runtigenfluh bestehen zum Grossteil aus Tonteilchen, die bei Überschwemmungen in flussfernen Bereichen abgelagert wurden. Danach bildeten sich aus den Ablagerungen wohl Böden, welche der Witterung ausgesetzt waren – daher die rostrote, tatsächlich von Rost herrührende Färbung. ⁶
Literatur: ¹: Schlunegger et al. (1998), 208. Fig. 8 (A & B). ²: Berger et al. (2005), 701. Fig. 8. ³: Schlunegger et al. (1998), 207-208. ⁴: Schlunegger et al. (2013), 94-95. ⁵: Gander P. (2004). 4-5. ⁶: map.geo.admin.ch → Geologischer Atlas der Schweiz 1:25000, strati.ch → Gümmenen-Formation.
Entwicklung des Flussnetzes: Auf Kosten des Höhronen-Rigi-Flusses, der ab 21 Millionen Jahren verschwand, entwickelten sich Ur-Aare und Ur-Alpenrhein zu den grössten Entwässerungsadern der Zentralalpen. Beide Flüsse mündeten am Gebirgsrand ins subtropische Molassemeer, welches damals weite Teile des Alpenvorlands erfüllte. In den Alpen begann sich derweil das Aar-Gotthardmassiv herauszuheben. Die Flüsse wichen dem harten Massiv aus, indem sie dieses seitlich umflossen. Es entstanden dadurch Anfänge der heutigen Längstäler von Rhein und Rhone. ³ ⁴
Das Molassemeer
Vor ca. 20 Millionen Jahren wurde das Molassebecken, mit Ausnahme der grossen Schuttfächer, von Westen allmählich durch das Meer überflutet (Obere Meeresmolasse). In diesem lebten zeitweise bis zu 80 Hai- und Rochenarten. Daneben waren auch Meeressäuger (Zahnwale und Seekühe) sowie zahlreiche Molluskenarten, Seeigel und Krebstiere vertreten. ⁵
Tipp: Weiterführendes zur marinen Fauna der Oberen Meeresmolasse findet sich auf der folgenden Seite:
Literatur: ¹: Schlunegger et al. (1998), 209. Fig. 9 (A & B). ²: Garefalakis et al. (2018), Poster GeoBonn: Fig. 5. ³: Schlunegger et al. (1998). 209-210. ⁴: Schlunegger et al. (2007), 397. ⁵: Jost et al. (2016), 149-169.
Entwicklung des Flussnetzes: Nach dem Rückzug des Molassemeers wurde das Alpenvorland vom sogenannten Glimmersand-Stromsystem nach Südwesten ins Ur-Mittelmeer entwässert. Ab etwa 10 Millionen Jahren wurde dieses Flusssystem allmählich vom nordostwärts strömenden Vorläufer der Ur-Donau abgelöst, dem sich zunächst die Flüsse des österreichischen und deutschen Alpenvorlands anschlossen. Ausgelöst wurden diese Entwicklungen von der beginnenden Hebung des Jura und der damit verbundenen Verkippung des Molassebeckens. ²
Landschaft und Fauna: Nach dem Rückzug des Meeres etablierten sich im Molassebecken ausgedehnte Schwemmebenen mit Land- und Sumpfgebieten. Es existierten aber auch grössere Seen mit einer reichen Fischfauna. Sowohl Gross- als auch Kleinsäugetiere waren durch zahlreiche Arten präsent. Reptilien waren unter anderem als Riesenschlangen, grosse Schildkröten und Krokodile vertreten. ⁴
Umkehr der Entwässerungsrichtung im Alpenvorland
Literatur: ¹: Heuberger et al. (2014), enclosure 1 (Anhang). ²: Hofmann, F (1969), 280, Fig. 1. ³: Heuberger et al. (2014), 14. ⁴: Jost et al. (2015), 22-33.
Entwicklung des Flussnetzes: Vor rund 7 Millionen Jahren wurden Ur-Aare und Ur-Rhone zu Quellflüssen des jungen Donausystems. Das Einzugsgebiet der so entstandenen Aare-Donau reichte damals vom Wallis und Engadin bis ins deutsche Fichtelgebirge. Der Strom endete bereits in der Ungarischen Tiefebene im sogenannten Pannonsee, einem Überrest des ehemaligen Tethysmeeres.
Klima und Landschaft: Vor 5,3 Millionen Jahren, also noch zur Zeit der Aare-Donau, wurde das Miozän vom Pliozän abgelöst. Zu Beginn der Epoche lagen die Temperaturen noch rund vier Grad über den vorindustriellen Werten, danach kühlte sich das Klima als Vorbote des nahenden Eiszeitalters langsam ab. In der pliozänen Fauna entwickelten sich unter anderem Vorläufer der modernen Pferde, Hirsche und Rüsseltiere.
Literatur: ¹: Heuberger et al. (2014), enclosure 3 (Anhang). ²: Heuberger et al. (2014), 14-16.
Entwicklung des Flussnetzes: Ab 4,2 Millionen Jahren wurde die Ur-Aare vom Flusssystem des Ur-Doubs angezapft und westwärts zum Mittelmeer umgelenkt. Statt wie bisher zur Donau, strömte sie nun als Aare-Doubs über Basel und den Sundgau in den Bressgraben, wo sie den urzeitlichen Lac Bressan erreichte. Es handelte sich dabei um einen riesigen See oder eine Seenplatte, die sich bis in die Gegend vor Lyon erstreckte. Der austretende Aare-Doubs mündete kurz darauf in eine vom Mittelmeer erfüllte Schlucht. ² ³
Die sogenannten Sundgauschotter stammen zu etwa 70% aus dem Berner Oberland und dem Wallis. Es ist allerdings fraglich, ob die Ur-Aare damals noch einen Zufluss aus dem Wallis besass, da die Wasserscheide bereits weit im Norden lag. Das Geschiebe aus dem Wallis könnte jedoch aus dem Napfschuttfächer stammen, der von der Ur-Aare teilweise abgetragen und im (damals) flacheren Sundgau wieder abgelagert wurde.⁴
Literatur: ¹: Heuberger et al. (2014), enclosure 4 (Anhang). ²: Denizot (1952), 329, Fig. 1. ³: Heuberger et al. (2014), 14-16. ⁴: Giamboni et al. (2004), 19-20.
Die Aare im Eiszeitalter
Das Eiszeitalter begann vor 2,6 Millionen Jahren und dauert bis heute an. Es besteht aus einer Abfolge von bis zu 50 Eiszeiten mit dazwischenliegenden Warm- und Übergangsphasen. Während des Eiszeitalters erlangte das bereits in seinen Grundzügen bestehende Flussnetz seine gegenwärtige Form.
Entwicklung des Flussnetzes: Vor 2,9 Millionen Jahren – noch vor Beginn des Eiszeitalters – wurde die Ur-Aare bei Basel in den Oberrheingraben zur Nordsee umgelenkt. Es entstand ein frühes Aare-Rhein-System, dem zunächst noch der Unterlauf des heutigen Alpenrheins fehlte (Bodensee-Rhein). Letzterer wurde dann während den Deckenschotter-Eiszeiten vom Aare-Rhein angezapft, wodurch die Donau ihren wichtigsten Quellfluss verlor. ³
Deckenschotter-Eiszeiten: Über die Deckenschotter-Eiszeiten ist nur wenig bekannt. Es wird vermutet, dass im Zeitraum zwischen 2,6 und 0,5 Millionen Jahren vier oder acht Eiszeiten-Komplexe auftraten, die wiederum aus mehreren Eiszeiten mit dazwischenliegenden Warmphasen bestanden. ⁴
Literatur: ¹: Heuberger et al. (2014), Enclosure 8, Fig. a. (Anhang) ³: Yanites et al. (2013). 1061, Fig. 1b. ³: Yanites et al. (2013). 1061-1062. ⁴: Preusser et al. (2011), 282, 284-287.
Mittelpleistozäne Wende: Ab etwa einer Million Jahren begannen sich die Eiszeit-Zyklen von 41’000 auf 100’000 Jahre umzustellen. Es traten nun weniger, dafür aber grössere und länger anhaltende Vereisungen auf. In der Folge nahm die Erosionskraft der Gletscher und Flüsse massiv zu, was etwa zur Entstehung neuer Täler führte. ¹
Die Aare erlangt ihre gegenwärtige Form
Bis vor einer Million Jahren existierte im Berner Oberland noch kein Aaretal im heutigen Sinne. Stattdessen darf ein Ur-Haslital vermutet werden, das einst via Brünig mit der Innerschweiz verbunden war. Im Bereich des späteren Brienzersees muss zudem eine Hochzone existiert haben, die erst im Zuge der mittelpleistozänen Wende vom Aaregletscher überfahren und abgetragen wurde. Die Aare konnte dann ihrem gegenwärtigen Lauf Richtung Brienz – Interlaken – Thun -Bern – Seeland folgen – so zumindest die Vorstellung. ³
Literatur: ¹: Heuberger et al. (2014), 49-50. ² und ³: basieren auf Annahmen, die sich aus Häuselmann et al. (2007) ableiten lassen.
Becken-Eiszeiten: Während den letzten vier Eiszeiten schufen die Gletscher zahlreiche Übertiefungen, aus denen auch Vorläufer der uns bekannten Seen hervorgingen. Im Zuge der Möhlin-Eiszeit – der grössten (bekannten) Vergletscherung – stiessen die Alpengletscher über den Hochrhein bis an den Südrand des Schwarzwalds vor.
Entwicklung des Gewässernetzes: Nach Gletscherrückzügen blieben im Alpenvorland jeweils riesige Seebecken zurück, die zunächst verlandeten, um dann erneut von Gletschern ausgeräumt zu werden. Es entstanden auf diese Weise mehrere Generationen nacheiszeitlicher Seen, zu denen auch die gegenwärtigen Alpenrand- und Juraseen gehören. Ähnlich wie die Seebecken wurden auch Flusstäler oft mit dem Geschiebe der Gletscher blockiert, wodurch sich die Flüsse neue Wege suchen mussten. ²
Viele eiszeitliche Becken, Rinnen und Täler wurden von Schmelzwässern angelegt, die unter dem Gletschereis abflossen. Man spricht in diesem Zusammenhang von subglazialer Schmelzwassererosion.
Modellvorstellung der subglazialen Tiefenerosion
Je nach Eisüberdeckung herrschten unter den Gletschern Wasserdrücke im zweistelligen Bar-Bereich. Die Schmelzwässer konnten dadurch Gegensteigungen überwinden und gleichzeitig Sedimente an die Oberfläche evakuieren. Welche Ausmasse diese Erosionsform annehmen konnte zeigt etwa das Felsbecken des Brienzersees, das bis 200 Meter (!) unter den Meeresspiegel übertieft wurde. ³ ⁴
Subglaziale Tunneltäler in der Region Bern
Karte: Simplifizierte Darstellung, basierend auf der Felsreliefkarte von Regina Reber, Mirjam Dürst Stucki und Fritz Schlunegger (Universität Bern)
Durch subglaziale Schmelzwassererosion entstanden nicht nur Becken, sondern auch Schluchten und Täler. Etwa in der Region Bern konnten Forschende der Universität Bern ein eindrückliches Netzwerk aus Schluchten nachweisen, das heute weitgehend im Untergrund verborgen liegt. Die bis zu 260 Meter tiefen Schluchten entstanden ab etwa 270’000 Jahren vor heute unter den Eismassen des Aare- und Walliser-Gletschers. ⁵
Die Aareschlucht im Berner Oberland
Auch die berühmte Aareschlucht im Berner Oberland entstand gemäss heutigen Kenntnissen durch subglaziale Schmelzwassererosion. Im Unterschied zu den oben erwähnten Beispielen wirkte die Erosion hier nicht flächig, sondern linear, wodurch schmale, klammähnliche Schluchten in den Fels geschnitten wurden. ⁶
Aufstieg des modernen Menschen
Im Umfeld der letzten Eiszeit tauchen im Aareraum die ersten anatomisch modernen Menschen auf.
Grafik oben: Ausbreitung des anatomisch modernen Menschen Homo sapiens in Eurasien. Der bereits vorher in Europa und dem Nahen Osten ansässige Homo neanderthalensis starb bis vor rund 30’000 Jahren aus. In Asien lebte noch immer Homo erectus als gemeinsamer Vorfahre der beiden Arten. ⁷
Literatur: ¹: map.geo.admin.ch → Mächtigkeit der Lockergesteine. ²: Gruner & Isler (1999). ³: Dr. von Moos AG (2009), 8-9. ⁴: Fabbri et al. (2018), 73. ⁵: Reber & Schlunegger (2016), 202. ⁶: Bafu (2017), 3-4. ⁷: atlasofhumanevolution.com.
Der Wendelsee
Nach dem Rückzug des Aaregletschers entstand im Berner Oberland der nacheiszeitliche Wendelsee. Dieser gemeinsame Vorläufer von Thuner- und Brienzersee erstreckte sich einst von Meiringen bis in die Gegend nördlich von Thun. Im Laufe der Jahrtausende verlor der See zunehmend an Fläche, da er vom Geschiebe einmündender Flüsse aufgefüllt wurde. So auch bei Interlaken, wo die Lütschine das Bödeli aufschüttete. Letzteres wurde erst ab etwa 2000 Jahren vor heute landfest, wie Pollenanalysen ergeben haben. ¹
Als die Aare noch in den Neuenburgersee floss
Im Zuge der Ersten juragewässerkorrektion (1868 – 1891) konnten weite Teile des ehemals versumpften Seelands trockengelegt werden. Nach Absenkungen der Böden wurde im Grossen Moos ein altes Flussnetz der Aare sichtbar, das einst von Aarberg zum Neuenburgersee verlief. Es ist unklar, ob diese Flussläufe jeweils von der ganzen Aare benutzt wurden oder nur als zusätzliches Abflusssystem in Zeiten hoher Wasserführung aktiv waren. ²
Hinweis: Eine grössere Karte des Seelands findet sich ganz unten im Anhang des Beitrags.
Vor rund 14’000 Jahren: Ende der letzten Eiszeit. Die Gletscher ziehen sich aus dem Seeland zurück.
Vor 11’000 – 10’600 Jahren: Die Aare fliesst durch das Grosse Moos zum Neuenburgersee. Am nordöstlichen Ufer entstehen Sanddünen, die das Flussnetz nach Süden abdrängen.
Vor 10’000 – 9000 Jahren: Verlandung der Flussläufe im Grossen Moos. Die Aare strömte von Aarberg aus Richtung Nordosten.
Vor 9000 – 5000 Jahren: Die Aare reaktiviert ihre ehemaligen Flussläufe im Grossen Moos.
Ab 5000 Jahren: Endgültige Aufgabe der Flussläufe im Grossen Moos. Die Aare folgt nunmehr ihrem heutigen Lauf nach Büren (seit 1877 als Alte Aare).
Der Mensch wird sesshaft
Wie Fundstellen im Seeland belegen, bauten die dort lebenden Menschen bereits vor 8500 Jahren Getreide und Flachs an. Damit war ein bedeutender Wandel zur sesshaften Lebensweise vollzogen. Ab etwa 6000 Jahren entstanden an den Seeufern erste feste Siedlungen. In der Folgezeit gewannen Ackerbau, Viehzucht und die Rodung von Wäldern an Bedeutung. Von nun an wurden landschaftliche Veränderungen zunehmend vom Menschen beeinflusst.
Literatur: ¹: Welten (1979), 34. ²: Wolfarth et al. (1993), 49-54. ³: Nast, M. (2006), 13-17.
Gegenwart & Zukunft
Das gegenwärtige Aaresystem
Vom einst riesigen alpinen Einzugsgebiet, das im Oligozän vom Südwallis bis ins Engadin reichte, ist der Aare kaum etwas geblieben. Betrachtet man jedoch das Flusssystem als Ganzes, befindet sich dieses in einer eigentlichen Blütezeit, denn als hydrologischer Hauptstrang* des Rheinsystems darf die Aare de facto als fünftgrösster Fluss Europas bezeichnet werden.
*Am Zusammenfluss mit dem Hochrhein ist die Aare der wasserreichere der beiden Flüsse und müsste demnach ihren Namen bis zur Mündung in die Nordsee behalten.
2 Millionen Jahre in der Zukunft
Anhand der bisherigen Landschaftsgeschichte lässt sich das Szenario ableiten, dass die Aare in erdgeschichtlicher naher Zukunft ins tieferliegende Flusssystem der Rhone umgelenkt werden könnte. Bereits heute liegt die Wasserscheide zwischen Genfer- und Neuenburgersee sehr tief. Es stellt sich auch die Frage, ob die Aare während der letzten Eiszeit nur um Haaresbreite einer Umlenkung entging, als der Walliser-Gletscher die genannte Wasserscheide überströmte.
Wissenschaft & Forschung
Wer erforscht die Fluss- Landschaftsgeschichte?
Die hier präsentierte Flussgeschichte stützt sich auf geologische Fachpublikationen, die von privaten und öffentlichen Institutionen verfasst wurden, Bedeutsam für den Aareraum sind insbesondere die Forschungsarbeiten von Fritz Schlunegger und seinen Kollegen, die am Geologischen Institut der Universität Bern forschen. Ihnen ist es etwa zu verdanken, dass die Entwicklung des nordalpinen Flussnetzes vergleichsweise detailliert aufgezeigt werden kann.
Weshalb wird geforscht?
Beispiel: Geologische Tiefenlager der nagra
nagra: Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle.
In der Schweiz will die nagra bis ins Jahr 2060 zwei geologische Tiefenlager für die Endlagerung radioaktiver Abfälle in Betrieb nehmen. In den Endlagern sollen die Abfälle bis zu einer Million Jahren von der Umwelt ferngehalten werden, bis sie einen Grossteil ihrer Gefährlichkeit verloren haben. Es galt deshalb Standorte zu finden, die auch innerhalb geologischer Zeiträume nicht von Gletschern und Flüssen freigelegt werden können.
Damit Prognosen über die Langzeitentwicklung möglich sind, wird Auftrag der nagra seit Jahrzehnten (auch) die Fluss- und Landschaftsgeschichte der vergangenen Jahrmillionen erforscht.
Abschliessendes zum Beitrag
Dank
Besonders möchte ich Professor Fritz Schlunegger vom Geologischen Institut der Universität Bern für seine tatkräftige Unterstützung danken. Ohne ihn wäre dieser Beitrag niemals möglich gewesen.
Meinem persönlichen Umfeld danke ich für die Anregungen und spannenden Diskussionen, welche diese Arbeit bereichert haben.
Den folgenden Forscherinnen möchte ich für ihre wertvollen Beiträge danken: Jürg Jost, Barbara Wolfarth, Philippos Garefalakis, Philipp Häuselmann, Oskar Keller und Michael Hautmann.
Literatur
Denizot, G. (1952): Le Pliocène dans la vallée du Rhône. Revue de géographie de Lyon 27 (4), 327-357.
Dürst Stucki, M., Reber, R., Schlunegger, F. (2010): Subglacial tunnel valleys in the Alpine foreland: an example from Bern, Switzerland. Swiss journal of geosciences, 103 (3).
Dr. von Moos AG (2009): Sachplan Geologische Tiefenlager (SGT) Etappe 1: Beurteilung der glazialen Tiefenerosion im Rahmen der Festlegung der geologischen Standortgebiete. Expertenbericht ENSI 33/063, Zürich.
Fabbri, S.C., Buechi, M.W., Horstmeyer, H.,Hilbe, M., Hübscher, C., Schmelzbach, C., Weiss, B., Anselmetti, F.S. (2018): A subaquatic moraine complex in overdeepened Lake Thun (Switzerland) unravelling the deglaciation history of the Aare Glacier, Quaternary Science Reviews 187, 62-79.
Furrer, H., Reichlin, T., Grundmann, A. (2003): Fossile Baumstrünke in der Unteren Süsswassermolasse (spätes Oligozän) im Bergsturzgebiet von Goldau, Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (2003), 148/1.
Gander, P. (2004): Geologie und Hydrogeologie der Oberen Süsswassermolasse – Dokumentation des aktuellen Kenntnisstandes. Nagra Arbeitsbericht NAB 04-04.
Garefalakis, P., Schlunegger, F. (2018): Stratigraphic architecture of the Upper Marine Molasse implies incipient westward tilt of the foreland plate (Poster GeoBonn), University of Bern, Institute of Geological Sciences.
Giamboni, M., Ustaszewski, K., Schmid, S.M., Schumacher, M.E., Wetzel, A., (2004): Plio-Pleistocene transpressional reactivation of Paleozoic and Paleogene structures in the Rhine-Bresse transform zone (northern Switzerland and eastern France, International Journal of Earth Sciences 93 (2).
Häuselmann, P., Granger, D.E., Jeannin, P.Y., Lauritzen, S.E. (2007): Abrupt glacial valley
incision at 0.8 Ma dated from cave deposits in Switzerland. Geology, 35.
Heuberger, S., Büchi, M., Naef, H. (2014): Drainage system and landscape evolution of northern Switzerland since the Late Miocene, Nagra Arbeitsbericht NAB 12-20.
Hofmann, F. (1969): Neue Befunde über die westliche Fortsetzung des beckenaxialen Glimmersand- Stromsystems in der Oberen Süsswassermolasse des schweizerischen Alpenvorlandes, Eclogae Geologicae Helvetiae, Band 62, Heft 1.
Isenschmid, C. (2018): Felsreliefkarte des Kantons Bern – Dokumentation, Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, Amt für Wasser und Abfall (AWA).
Jost, J., Kälin, D., Börner, S., Vasilyan D., Lawver D., Reichenbacher, D. (2015): Vertebrate fossils from the Upper Freshwater Molasse in the Swiss Molasse Basin: Implications for the evolution of the North Alpine Foreland Basin during the Miocene Climate Optimum, Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology 426, 22-33.
Jost, J., Kempf, O., Kälin, D. (2016): Stratigraphy and palaeoecology of the Upper Marine Molasse (OMM) of the central Swiss Plateau, Swiss Journal of Geosciences 109 (2)
Keller, O., (2009): Als der Alpenrhein sich von der Donau zum Oberrhein wandte, Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 127.
Keller, O., Krayss, E., (2010): Mittel- und spätpleistozäne Stratigraphie und Morphogenese in Schlüsselregionen der Nordschweiz, Quaternary Science Journal, Volume 59.
Nast, M. (2006): überflutet – überlebt – überlistet. Die Geschichte der Juragewässerkorrektionen. Verein Schlossmuseum Nidau,
Pfiffner, A. (2015): Geologie der Alpen, utb, 3 Auflage. ISBN: 978-3-8252-8610-1
Preusser, F., Graf, H.R., Keller, O., Krayss, E., Schlüchter, C. (2011): Quaternary glaciation history of northern Switzerland, Quaternary Science Journal, Volume 60.
Schnellmann, M., Fischer, U., Heuberger, S., Kober, F. (2014): Erosion und Landschaftsentwicklung Nordschweiz – Zusammenfassung der Grundlagen im Hinblick auf die Beurteilung der Langzeitstabilität eines geologischen Tiefenlagers (SGT Etappe 2), Nagra Arbeitsbericht NAB 14-25.
Schlunegger, F., Norton K. P. (2013): Headward retreat of streams in the Late Oligocene to Early Miocene Swiss Alps, Sedimentology 60 (1).
Schlunegger, F., Rieke-Zapp, D., Ramseyer, K. (2007): Possible environmental effects on the evolution of the Alps-Molasse Basin system, Swiss journal of geosciences, 100 (3).
Schlunegger, F., Castelltort, S., (2016): Immediate and delayed signal of slab breakoff in Oligo/Miocene Molasse deposits from the European Alps, Scientific Reports 6.
Schlunegger, F., Slingerland, R., Matter, A. (1998): Crustal thickening and crustal extension as controls on the evolution of the drainage network of the central Swiss Alps between 30 Ma and the present: constraints from the stratigraphy of the North Alpine Foreland Basin and the structural evolution of the Alps, Basin Research 10.
Spiegel, C., Kuhlemann, J., Dunkl, I., Frisch, W. (2001): Paleogeography and catchment evolution in a mobile orogenic belt: the Central Alps in Oligo–Miocene times, Tectonophysics 341.
Reber, R., Schlunegger, F. (2016): Unravelling the moisture sources of the Alpine glaciers using tunnel valleys as constraints, Terra Nova 28.
Welten, M. (1979): Eis, Wasser und Mensch haben das Aaretal verändert: Ergebnisse von 50 Jahren Pollenanalyse in Bern, Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Bern, Band 36.
Wohlfarth, B., Schwalb, A., Schneider, A.M. (1993): Seen- und Flussgeschichte im Westschweizer Seeland zwischen 5000 und 12000 Jahre vor heute, Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Bern, N.F. 50. Band 1.
Yanites B.J., Ehlers, T.A., Becker J.K., Schnellmann, M., Heuberger, S. (2013): High magnitude and rapid incision from river capture: Rhine River, Switzerland, Journal of Geophysical Research: Earth Surface 118, 1060–1084.
Ziegler, P.A., Fraefel, M. (2009): Response of drainage systems to Neogene evolution of the Jura fold-thrust belt and Upper Rhine Graben, Swiss Journal of Geosciences 102.
Verschiedenes
BAFU (2017): BLN-Objekt 1512: Aareschlucht zwischen Innertkirchen und Meiringen, Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN), Bundesamt für Umwelt (BAFU).
nagra.ch
map.geo.admin.ch → Geologischer Atlas der Schweiz 1:25000, Bundesamt für Landestopografie (swisstopo).
strati.ch
Klaus, G (2003): Dem Gold in den Schweizer Alpen auf der Spur. Mit dem Wasser nach oben und mit dem Wasser wieder nach unten, Neue Zürcher Zeitung (NZZ), Ausgabe vom 17.9.2003.
Gruner, U., Isler. A. (1999): Bekanntes und Neues zur Geologie der Region Bern. Beitrag „Bund“ zur Geologie auf den Atlasblätter Bern und Worb, Geologiebüro Kellerhals + Haefeli AG, Bern.
Ich bin mal wieder über(Wältigt) Hast Du super interessant gemacht. Am liebsten würde ich den spannenden Artikel weiterleiten aber ich warte noch auf Deine Freigabe. Gerade gestern haben wir genau über das diskutiert!
Lg Huki
Merci viel mal Huk! :) Du kannst den Beitrag gerne bereits teilen, es gibt nur ein paar kleinere Stellen, die noch angepasst werden müssen.
Sebastian. Besten Dank für diesen Beitrag. Da steckt, wie in der ganzen Seite, viel Leidenschaft und Arbeit dahinter und extrem gut dargestellt. Merci u Grüess Sascha
Hoi Sascha. Merci viel mal für das schöne Lob! Ich wollte mal noch bei dir vorbeischauen, vielleicht hast Du ja noch ein paar Vorschläge zum Quartär? Liebe Grüsse.
Tolle, fachkompetente Seite!
Durch rückschreitende Erosion können sich Flüsse über ihre Quellen hinaus in das Einzugsgebiet eines benachbarten Flusses einschneiden und dessen Wasser zu sich umlenken. Solche Flussanzapfungen spielten bei der Entwicklungeschichte der Aare eine wichtige Rolle.
Entwicklungeschichte — Rechtschreibung
Haben Sie vielen Dank für das Lob und den Korrekturhinweis.
Freundliche Grüsse:
Sebastian Wälti
Wow, diese Seite liest sich ja wie ein Krimi und hat mir viel Spass gemacht. Auch für mich als Nichtgeologe oder Hydrologe ist sie klar verständlich und wunderschön anschaulich mit Graphiken und Bildern versehen. So war es für mich leicht und jederzeit schlüssig nachvollziehbar, was die Ur-Flüsse im Laufe der Zeit so alles angestellt haben :-). Andere Literaturstellen waren da eher etwas verwirrend. Toll gemacht!
Herzlichen Dank für das schöne Lob. :)
Sehr interessant!
Gibt es genauere Untersuchungen zur Entwicklung des Aareverlaufs und dem resultierenden Talprofil im Bereich des Wasserschlosses? Lag das Profil der Aare früher nach der letzten Vergletscherungen auf einem tieferem Niveau? Gab es allenfalls Felsriegel, Wasserfälle und Seen in diesem Bereich?
Die Gegend wurde umfassend von Urs Graf für den geologischen Atlas (2009) bearbeitet. Letzterer kann kostenlos bei der Swisstopo in digitaler Form bestellt werden.
Nach der letzten Vergletscherung lag die Aare – wenn ich es richtig im Kopf habe – rund 40 Meter über dem heutigen Niveau. Seither tieft sie sich in die sog. Niederterassen-Schotter ein. Grössere Wasserfälle gab es wohl kaum, da die Längsprofile der grossen Flüsse auch untereinander ziemlich ausgeglichen waren.
Einen See gab es tatsächlich im Umfeld der Riss-Vereisungen im Bereich des Wasserschlosses. Der See entstand durch ein übertieftes Gletscherbecken, das von der Einmündung des Reusstals bis zu einer Felschschwelle bei Stilli reicht. Das Becken wurde relativ schnell mit Fluss-/Gletschersedimenten aufgefüllt.
Was Sie noch interessieren könnte: Nach der Möhlin-Vergletscherung floss die Aare noch südlich der Habsburg über die Linie Schinznach-Hausen, wo sie sich mit einem grossen Fluss aus Reuss, Limmat und vielleicht sogar oberem Alpenrhein (!) vereinigte. Anschliessend schwenkte sie nach Norden ins Riniker Tal, um dann über die Route Villingen-Endingen-Gippingen-Leibstadt ihren heutigen Lauf zu kreuzen, bevor Sie auf den (Bodensee-) Rhein traf. Dieses Flusssystem schnitt sich rund 50-60 Meter unter das gegenwärtige Längsprofil in die Felsoberfläche ein.
Serendipity: ungesuchter und unerwarteter Glücksmoment: Der Begriff passt nicht schlecht zu meiner Freude an dieser Seite. Gut dargestellt, umfassend und informativ, perfekt zu meinem Vorwissen passend. Dabei wollte ich an diesem Ostermontag doch nur mehr über die Verkehrsroute ins Simmental und die Kanderkorrektur erfahren.
Christoph
Im Kasten „Modellvorstellung der subglazialen Tiefenerosion“ wurde im zweiten Satz das „z“ in „Schmelzwasser“ weggespült.
Hallo Christoph
Danke für den schönen Kommentar und den Korrekturhinweis.
Viele Grüsse
Sebastian
Hallo Sebastian
Ich finde einen offensichtlichen Widerspruch in der Darstellung Aareläufe Grosses Moos zwischen 10 600- 10 000 und 9000- 5000 gegenüber den archäologischen Befunden nach Prof. Dr. Müller in „Ueber die Wasserstände der Juraseen“ Univ. Verlag Freiburg 1973.
In seiner Darstellung datiert er die letzten Phasen der Flussrichtung der Aare Richtung Westen in die Zeit der Kelten und der Römer, was die geschichtlichen Epochen bedeutet.
Da wir in alten Aareläufen in den letzten Jahren Renaturierungsmassnahmen umsetzen konnten und die besten Vorausetzungen fanden, um schöne Biotope wie die Krümmi, Hinterem Horn und Pré au Boeuf anzulegen, ist es für mich geschichtlich Interessierten nicht unwichtig zu wissen. was nun Sache ist.
Hallo Martin
Die Arbeit von Dr. Müller kenne ich nicht und kann sie deshalb nicht einschätzen.
Eine Reaktivierung des Aarelaufs zum Neuenburgersee ab 5000 J.v.h. scheint unwahrscheinlich. Geochemische Untersuchungen von Wolfarth et al. (1987) haben gezeigt, dass damals Torfböden in den ehemaligen Flussschlingen entstanden. Pollenanalysen zeigen zudem Seerosengewächse an. Es gab dort also verlandende Stillgewässer. Auch die Sedimentprofile des Neuenburgersees passen perfekt ins Bild: Ab 5000 J.v.h ist kein Aarezufluss mehr ersichtlich, während frühere Zuflüsse als andersfarbige Wechselablagerungen erhalten blieben.
Für mehr Details siehe Wolfarth et al. im Literaturverzeichnis oben. Das Dokument ist als PDF frei zugänglich.
Viele Grüsse
Sebastian Wälti
Wieso wurde der Rhein als Strom benannt und nicht die Aare?
Wie Sie sicher wissen und andeuten, ist es aus hydrografischer Sicht umgekehrt. Um Verwirrung bei der Leserschaft zu vermeiden, halte ich mich an den bekannten, bzw. geografisch-historisch gewachsenen Gewässerstrang des Rheins, der ins Meer mündet und damit eine wichtige Voraussetzung erfüllt, um als Strom bezeichnet zu werden.
Viele Grüsse
Sebastian Wälti
Wie war der Aareverlauf vor der 1. Juragewässerkorrektion. Wie war der Ablauf vom Bielersee (alte Sihl) in die alte Aare
Gucken sie am besten auf die Karte „Die nacheiszeitliche Aare im Seeland“ ganz unten im Beitrag. Alle dort eingezeichneten Flussläufe zeigen den Zustand unmittelbar vor der 1. JGK. Ich empfehle speziell für diese Karte ein Desktop-Gerät zu verwenden.
Sehr interessante Arbeit, vielen Dank.
In der Karte betreffend die zukünftige Entwicklung ist östlich von Olten eine neue Wasserscheide eingezeichnet, die im Text nicht beschrieben wird. Gibt es dazu weitere Informationen?
Vielen Dank für einen Hinweis und freundliche Grüsse
Barbara Rothkegel