Ratgeber Aareböötle: Von Thun nach Bern
Das Aareböötle gehört zu den aussergewöhnlichsten Sommeraktivitäten, welche die Region Bern zu bieten hat. Kaum ein anderer Fluss wird häufiger mit Schlauchbooten befahren als die Aare zwischen Thun und Bern. Der vorliegende Ratgeber soll aufzeigen, worum es beim Aareböötle geht und wo die Schönheiten und Gefahren liegen.
Fünf Gründe den Fluss zu befahren
- Schöne Auenlandschaft mit Möglichkeiten zum Baden und Grillieren.
- Durchgängig fahrbar, ohne Stau- und Restwasserstrecken.
- Schnell strömender, auch für Anfänger geeigneter Wanderfluss.
- Material kann unkompliziert von Bootsverleihern bezogen werden.
- Hervorragende Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Wann ist Saison?
Die Saison fürs Aareböötle erstreckt sich etwa von Ende Mai bis Ende September. Im Mai und Juni ist der Fluss oft noch kühl und bewegt sich – wegen der alpinen Schneeschmelze – nahe an der Hochwassergrenze. Ab Juli beginnt die eigentliche Hauptsaison und es darf mit angenehmen Wassertemperaturen gerechnet werden. Diese Faustregeln gelten aber nur für das langjährige Mittel: entscheidend ist letztlich die Grosswetterlage.
Dauer
Je nach Wasserführung dauert die 27 Kilometer lange Fahrt zwischen Thun und Bern zweieinhalb bis drei Stunden. Es lohnt sich allerdings, mehr Zeit fürs Aareböötle zu reservieren, denn mit allem drum und dran ist schnell mal ein Tag vergangen.
Boote
Badeboot: Zwischen Thun und Bern wird die Aare meist mit handelsüblichen Badebooten befahren. Diese eigentlich flussuntauglichen Boote können auf dem Abschnitt verwendet werden, da es kaum schwierige Stellen gibt. Achte beim Kauf auf eine gute Qualität der Paddel. Letztere sind oft schlechter als das zugehörige Boot.
Schlauchboot vom Verleih: Bieten erhöhte Sicherheit, mehr Platz und sind wendiger. Wer mit einem solchen Boot unterwegs ist, macht nichts verkehrt. Ab Thun und Uttigen stellen mehrere Bootsverleiher Material zur Verfügung, das am Fluss bezogen und in Bern wieder abgegeben werden kann. Meist ist eine Reservation erforderlich.
Nützliche Ausrüstung
Blaues Fass: Im Kunststofffass können Schuhe, Kleider und andere Gegenstände verstaut werden. Aus Platzgründen wird das Fass oft schwimmend an einem (kurzen!) Seil mitgeführt. Ans Boot angehängte Fässer sind meist nicht ganz wasserdicht.
Schwimmsack: Gute Ergänzung zum blauen Fass. Im wasserdichten Schwimmsack können oft benutzte Gegenstände wie Feuerzeuge, Handys und dergleichen mitgeführt werden.
Sonnenschutz: Geht oft vergessen: Auf dem Fluss gibt es kaum Schatten. Zudem wird das Sonnenlicht vom Wasser reflektiert und dadurch verstärkt.
Sicherheit beim Aareböötle
Grundlagen: Wer die gängigen Fluss- und Baderegeln der SLRG beachtet, macht bereits vieles richtig. Empfehlenswert ist auch die SLRG-Aarekarte 2017, die alle heiklen Stellen zwischen Thun und dem Wohlensee zeigt.
Eigenverantwortung: Auch wenn hier das Wichtigste gezeigt wird: Ich kann im Rahmen dieses Ratgebers nicht für deine Sicherheit garantieren. Falls Du die Aare befährst, so tust Du dies auf eigenes Risiko.
Tipps zum Umgang mit der Aare
Die folgenden Punkte bitte nicht als Belehrungen, sondern als gut gemeinte Ratschlage auffassen.
- Die Aare ist ein schneller Fluss. Die Fliessgeschwindigkeit erreicht in der Regel das zwei- bis dreifache Schritttempo. Wage dich erst auf den Fluss, wenn Du ein Schlauchboot sicher und zügig lenken kannst.
- Im Sommer besitzt die Aare die Wucht zweier fahrender Güterzüge. Bei Kollisionen besteht die Gefahr, eingeklemmt und von der Strömung unter Wasser gedrückt zu werden. Halte deshalb Abstand zu Hindernissen jeglicher Art.
- Halte dich grundsätzlich von den Ufern fern. Neben Untiefen treten dort oft unregelmässige Strömungen auf. Achte auch auf Gehölze im Uferbereich (Kollisions- und Verhedderungsgefahr).
- Beim Auswassern ist Schnelligkeit und Präzision gefragt. Wähle deine Ausstiege mit Bedacht und steuere diese nicht auf den letzten Drücker an. Auf der Aare gehts oft schneller als zunächst gedacht.
Tipps zum Aareböötle
Wichtig: Boote nicht zusammenbinden
Bindet auf Flüssen niemals eure Boote zusammen. Ihr seit dadurch kaum noch manövrierfähig. Es besteht zudem die Gefahr, sich an Hindernissen wie Brückenpfeilern zu verheddern.
Boot anschreiben
Herrenlose Schlauchboote sind für die Polizei ein stetes Ärgernis, da letztlich unklar ist, ob ein Notfall vorliegt. Schreib dein Boot deshalb mit Adresse und Telefonnummer an und melde dich im Falle eines Verlustes sofort bei der Polizei (112 oder 117). Es können dadurch aufwändige Suchaktionen vermieden werden.
Abfluss und Befahrbarkeit
Faustregeln zur Befahrbarkeit
Die Wasserführung von Flüssen wird in Kubikmeter pro Sekunde (m³/s) gemessen. Fürs Schlauchbootfahren zwischen Thun und Bern wird eine minimale Abflussmenge von 100 m³/s empfohlen (ist von Ende Mai bis Mitte September fast immer der Fall). Bei tieferen Abflüssen ist auch abseits der Ufer mit Hindernissen zu rechnen.
Aktueller Abfluss Thun
44 m³/s
Stand: 20.02.2019 01:20 , Quelle: Hydrodaten BAFU
Aktuelle Wassertemperatur Thun
6.2°C
Stand: 20.02.2019 01:20 , Quelle: Hydrodaten BAFU
- 100-250 m³/s: Alles im grünen Bereich. Wer es ruhig mag oder noch wenig Erfahrung mit der Aare hat, kann den oberen Grenzwert bei ca. 200 m³/s ansetzen.
- 250-280 m³/s: Die Hochwassergrenze ist überschritten. Es treten hohe Fliessgeschwindigkeiten auf. Das Ein- und Auswassern erfordert Übung. An den Seiten ist mit vielen Hindernissen zu rechnen. Bei diesen Abflussmengen sollten sich nur noch erfahrene Aareböötler auf den Fluss wagen.
- 280-320 m³/s: Ausgeprägtes Hochwasser mit sehr hohen Fliessgeschwindigkeiten. Gefährliche Uferbereiche. Es ist mit trübem Wasser zu rechnen. Von Profis geführte Schlauchboottouren sind noch möglich.
Hochwasser
Droht am Thunersee Hochwasser, kann sich der Regulierdienst des Kantons Bern dazu entscheiden, den See vorsorglich abzusenken. Die Wasserführung der Aare nimmt dann innert Stunden massiv zu – auch bei schönem Wetter. Es wird empfohlen, die Abflussmenge am tatsächlichen Fahrtag zu überprüfen, besonders im Vorfeld eines Wetterumschwungs.
Von Thun nach Bern

Hinweise zur Flusskarte (oben):
- Eine Zoom-Funktion wird so schnell wie möglich nachgereicht.
- Die Karte soll vielmehr geografische Bezüge vermitteln als auf Gefahren hinweisen. Letztere sind auf der SLRG-Aarekarte 2017 ersichtlich.
- Die Route Bern-Wohlensee ist auf der Karte bereits eingezeichnet, obwohl sie in diesem Ratgeber (noch) nicht beschrieben wird.
Kilometer 0: Einwasserungsstelle Schwäbis, Thun
Im Schwäbis beginnt die klassische, 27 Kilometer lange Flussstrecke nach Bern. Wegen der starken Strömung ist der Start ab Thun eher geübten Bootsfahrerinnen zu empfehlen. Ruhigere Einstiege gibt es flussabwärts z.B. bei Uttigen oder Wichtrach. Während der Hochsaison wassern im Schwäbis viele Aareböötler ein und es ist mit (kurzen) Wartezeiten zu rechnen.
Kilometer 5,1: Uttigenwelle
Die sogenannte Uttigenwelle* ist eine Stromschnelle unter der Eisenbahnbrücke bei Uttigen. Bei Aareböötlern gleichermassen beliebt und berüchtigt, ist die Uttigenwelle das einzig wirkliche Hindernis zwischen Thun und Bern. Beim Befahren mit Badebooten können die hohen Wellen in der Flussmitte unangenehm werden (Kentergefahr).
*auch unter den Namen Uttiger Schwelle, Uttiger Schnelle, Uttig-Welle und ähnlichen Abwandlungen bekannt.
Es wird empfohlen die Stromschnelle auf der rechten Seite, etwa vier Meter vom Ufer entfernt, zu durchfahren. Man entgeht dadurch den grössten Wellen. Wer sich sicher fühlt, kann auch die wildere linke Seite befahren. Vermeiden sollte man den Bereich unmittelbar rechts neben der Flussmitte – es ragt dort ein Steinquader aus der Sohle.
Hinweise zur Uttigenwelle
- Die Stromschnelle ist weder harmlos noch lebensgefährlich. Eine Walze ohne freien Abfluss – das sind die wirklich gefährlichen Dinger – gibt es dort nicht, sehr wohl aber hohe Wellen. Abseits der Hauptströmung treten zudem Kehrwasser und Verwirbelungen auf. Deshalb: Schwimmwesten tragen.
- Die Welle vorgängig rekognoszieren, sofern man diese nicht kennt. Fotos zeigen die Realität nur bedingt.
- Ein Umtragen ist mangels geeigneter Auswasserungsmöglichkeiten nicht ratsam.
- Wer die Uttigenwelle auslassen möchte, kann die Fahrt an der Einwasserungsstelle unterhalb der Eisenbahnbrücke beginnen.
Kilometer 5,2: Einwasserungsstelle Uttigen
Der Einstieg liegt rund hundert Meter flussabwärts der Eisenbahnbrücke am linken Ufer.
Kilometer 10,1: Einwasserungsstelle Thalgut, Wichtrach
Der Start beim Thalgut eignet sich für Bootsfahrer, die noch wenig Erfahrung mit dem Fluss haben. Die Aare strömt nun zügig, aber ohne schwierige Stellen bis Bern. Die Strecke bietet also ideale Voraussetzungen für Erstbefahrungen. Der Einstieg liegt linksufrig an der Thalgutbrücke, rund einen Kilometer südwestlich vom Bahnhof Wichtrach.
Kilometer 13,9: Schützenfahrbrücke, Münsingen
Vorsicht Brückenpfeiler: Die wirklich haarsträubenden Szenen beim Aareböötle spielen sich nicht an der Uttigenwelle, sondern an den Pfeilern der Schützenfahr- und Auguetbrücke ab. Beide Brücken sind von weitem sichtbar und problemlos passierbar – und genau deshalb werden sie oft unterschätzt. Weiche den Pfeilern also frühzeitig aus.
Kilometer 15,5: Hunzigenau, Rubigen
Kilometer 21: Auguetbrücke, Muri
Kilometer 22,2: Selhofenzopfen, Kehrsatz
Am Selhofenzopfen wurde ab 2014 der damals schadhafte linke Aaredamm entfernt und durch ein weiter landeinwärts verlaufendes Bauwerk ersetzt. Dem Fluss steht nun mehr Raum zur Verfügung, den er bei Hochwasser umgestaltet. Es entstehen dadurch Lebensräume für auentypische Tier- und Pflanzenarten.
Hinweis: Das linke Ufer ist seit 2015 als Schutzzone ausgewiesen und darf nicht mehr betreten werden. Es wird an dieser Stelle gebeten, das Verbot zu respektieren – auch wenn sich dort bereits Leute aufhalten.
Kilometer 25,2: Eichholz, Köniz
Wer die Fahrt im Eichholz beenden möchte, findet dort viele Möglichkeiten, den Tag ausklingen zu lassen.
Kilometer 27: Marzilibad, Bern
Am Abend herrscht in der Aare oft Hochbetrieb, da neben Bootsfahrern auch zahlreiche Schwimmerinnen unterwegs sind. Am besten hält man sich nach dem Eichholz rechts der Flussmitte, um den Schwimmern und Brückenspringern (Schönausteg) nicht in die Quere zu kommen.
Kilometer 27,3: Letzte Auswasserungsstelle, Dalmazibrücke, Bern
Die letzte und zugleich bequemste Auswasserungsstelle liegt unmittelbar links vor der Dalmazibrücke. Weil sich dort Anlegestellen des Pontonierfahrvereins und der Sanitätspolizei befinden, wird gebeten, die Stelle schnell zu räumen. Das Boot am besten in den angrenzenden Park tragen, wo es genügend Platz gibt.
Vorankündigung: Die Auswasserungsstelle wird voraussichtlich ab Winter 2018/19 umgestaltet. Es darf mit grosszügigen Platzverhältnissen gerechnet werden.
Weiterfahrt Richtung Wohlensee
Wer die Fahrt Richtung Wohlensee fortsetzen möchte, findet den nächsten Einstieg rechts unterhalb der Mattenschwelle. Alle Stellen für eine allfällige Weiterfahrt sind auf der SLRG-Flusskarte 2017 vermerkt.
Respekt vor der Natur
Tipps zum Umweltschutz
- Was viele nicht wissen: Fast die gesamte Flusslandschaft zwischen Thun und Bern ist ein Naturschutzgebiet.
- Keine wilden Feuerstellen anlegen. Solche Plätze verschwinden sonst nie, da sie ständig weiterbenutzt werden.
- Feuermaterial nicht im Auwald aufsammeln, sondern selber mitbringen.
- Abfälle schon beim Einpacken vermeiden. Wer auf unnötiges Material verzichtet, schafft auch mehr Platz im Boot.
Über diesen Beitrag
Über diesen Beitrag
Der vorliegende Ratgeber ersetzt den im 2015 veröffentlichten Beitrag „Unterwegs an der Aare: Thun – Bern (Sommer)“. Ein würdiges Portrait, dass sich mit der Aare selbst befasst, wird zu gegebener Zeit nachgereicht.
Dank
Speziell möchte ich meiner Familie für die wertvolle Unterstützung danken. Merci auch an unseren Mit-Aareböötler Beni für die tolle Zeit auf dem Fluss.
Vielen Dank an den Bootsverleiher Ruedi Brunner aus Bern. Mit über 800 (!) Aarefahrten kennt wohl niemand sonst den Fluss besser als er. Merci Rüedu fürs drüberluege!
Super Dokumentation. Guter Bilder, schöne Pläne, wertvolle Information. Haben die Fahrt Schwäbis – Dalmazibrücke 15. Juli 2018 gemacht. Ist genau wie beschrieben. Macht enormen Spass. Besten Dank. Regioboot Verein, Basel.
Sehr geehrter Herr Schnäkel
Haben Sie vielen Dank für die freundliche Rückmeldung – ich weiss das sehr zu schätzen. Schön, dass die Berner Aare über die Kantonsgrenzen hinweg gefällt. Ich wünsche Ihnen weiterhin gute Fahrt!
Auch von mir vielen Dank und grosser Lob für die ausführliche Infos.
Wir waren gestern mit meiner Tochter unterwegs und dank allen Tips hier konnten wir uns sehr gut vorbereiten und die Fahrt völlig entspannt geniessen. Sie ist wirklich empfehlenswert.
Herzlichen Dank und freundliche Grüsse
Lieber Herr Lehmann
Sie benennen all jene Dinge, die mir am Beitrag wichtig sind. Vielen Dank dafür! :)